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Fantasy Filmfest

Der blutige Pfad Gottes wurde am 04. August 1999 beim Fantasy Filmfest in München als Premiere gezeigt. Wir haben für euch auf dieser Seite einige Reviews zusammengetragen.

 

Es gibt Filme, die brauchen keine kommerziellen Fernsehspots, keine dokumentarische Medienpräsenz und keine Plakate. Allein die Publikationen der Fans und eine überdurchschnittliche Zuschauerresonanz sorgen durch Mund zu Mund Propaganda und die Nutzung der Internetstrukturen dafür, dass sich “Der Blutige Pfad Gottes” zu einem respektablen Kultstreifen mauserte. Doch was macht diesen Effekt hier aus? Der reine Plot bietet nicht den Stoff für eingehende Untersuchungen. Es handelt sich um eine Krimistory mit bekannten Informationsverteilungsmustern. Abgesehen von einigen guten filmische Ideen ist hier keine revolutionäre Neuerung zu erkennen. Daher ist es nicht von Brisanz, wann welcher Gegner wie getötet wird.

Die Frage, die hier geprüft werden muss, ist das Thema der Geschichte, der Subplot: Ist diese blutige Selbstjustiz legitim oder nicht – ist es richtig, Schwerverbrecher zu töten, da sie nach einer eventuellen Gerichtsverhandlung Korruption sei Dank, sowieso wieder auf freien Fuß gesetzt würden? An sich also eine zutiefst philosophische Frage um Gerechtigkeit und den moralischen Umgang mit eben dieser, die Regisseur Troy Duffy perfekt in einen Actionfilm einbettet. Ganz klar und leicht zu beantworten ist die Frage nach der Legitimität des Handelns unserer „Helden“. Natürlich ist es weder moralisch, religiös noch juristisch vertretbar oder auch nur akzeptabel. Die gerade in den USA dahinterstehende Doppelmoral von verwerflicher Selbstjustiz und akzeptierter Todesstrafe bleibt bestehen. Und gerade deshalb (oder dennoch) schafft es Duffy, der auch das Script verfasst hat, dass man sich damit auseinandersetzt, ja sogar zustimmende Argumente findet. Gleichzeitig aber ist man stets seinen eigenen Wertvorstellungen ausgeliefert, weiß, dass es nicht richtig ist. Duffy wählte eine Erzählweise, die stark an Tarantino-Filme erinnert, diese aber nicht kopiert, wie es in vielen Genrevertretern nach 1994 oft der Fall ist. Ebenso wie bei Quentin Tarantino ist es auch hier das Spiel mit den Klischees des Genres, das den Film auszeichnet. Also allen Unkenrufen zum Trotz bringt der Film ernsthaften Diskussionsstoff mit sich, der es Wert ist, dass über ihn nachgedacht wird!

Die Thematisierung des religiösen Hintergrunds der Handlungen und seiner kontroversen Auslegung wird einigen Vertretern der katholischen Kirche ein Dorn im Auge sein. Verstärkt durch die Option, dass die Motive der Protagonisten einen weiten Identifikationsspielraum für den Zuschauer lassen, wurde von dieser Seite Sturm auf den Film gelaufen, stellt er doch eine direkte Säkularisierung, bzw. eine Unterminierung des Katholizismus dar. Gott und Kirche können nicht tatsächlich an einer „Vollstreckung“ ihrer Lehre auf diesem Niveau interessiert sein, da sie so zu einem eindeutig weltlichen Problem erwächst und sich dem Einflussbereich der Kirche entzieht. Bestärkt wird dies noch durch die überaus gelungene Charakterzeichnung der Protagonisten. Hier laufen keine dummen Tölpel herum, die unkoordiniert drauflostöten, sondern hochintelligente Menschen, die ihre Handlungen planen und rechtfertigen. Ein weiterer Aspekt des Filmes ist das gnadenlose Ausschlachten von Sensationen durch die Medien: Die beiden irischen Brüder werden als die „Heiligen von Boston“ dargestellt. Die Medien impfen der Bevölkerung eine Meinung über die Heiligen ein deren Folge ein gesteigertes Interesse an den Taten der Brüder ist. Die direkte Verbindung von Meinungsmache und Einschaltquoten wird hier dargelegt. Hat Boston ein gutes Bild von den Taten der Brüder, erhält es das Interesse daran. Eine konsequent ablehnende Haltung würde denselben Effekt erzielen, wäre aber inhaltlich nicht kontrovers.

Auf filmischer Ebene weiß der Streifen vor allem durch gut choreographierte Schusssequenzen und die explizite Darstellung der Gewalt die gewollten Eindrücke zu vermitteln. Duffy nutzt eine düstere Atmosphäre, die zwar hin und wieder durch witzige bzw. makabre Handlungen oder Dialoge unterbrochen, aber nie gehemmt wird. An anderen Stellen ist der Film wiederum sehr brutal und zeigt die wirklich dunklen und abgründigen Seiten des Lebens. Menschen, die Verbrechen begangen haben, werden eiskalt getötet. Brutal Justice wird paradoxerweise zu einem legitimen Mittel erklärt und augenscheinlich akzeptiert. Cool und lässig präsentieren sich daher auch die beiden Brüder, prächtig ergänzt vom hervorragend agierenden Willem Dafoe, der schon lange nicht mehr so gut war. Als intelligenter und schwuler FBI – Agent zeigt er deutlich seine Überlegenheit gegenüber Kollegen und kann sich voll in die Täter hineinversetzen (bildlich!). Diese Fähigkeiten und Eigenschaften ermöglichen es ihm, seinen Gegner ebenbürtig und anders als die anderen Gesetzeshüter zu sein, eine zwingende Voraussetzung für die Glaubhaftigkeit seiner letztendlichen Handlungen. „Der Blutige Pfad Gottes“ war einer der Höhepunkte des Fantasy Filmfestes in München 1999. Doch genau diese Qualitäten des Films haben ihm in Deutschland eine Indizierung eingebracht, wenngleich er dann doch großzügig als „strafrechtlich unbedenklich“ eingestuft wurde. (Kritik von Ralf Schwalbe)

Fazit: Hart, kontrovers, gut!


Unsere Helden: ein irisch – katholisches Brüderpaar aus Boston. Connor und Murphy McManus malochen als Fleischpacker, sprechen fließend fünf Sprachen (darunter Latein) und sind neuerdings im Auftrag des Herrn unterwegs. Denn sie befreien die schmutzige Welt von allem Unrat und ballern frischfrommfröhlichfrei auf alles, was Dreck am Stecken hat. Und wenn gar nichts mehr geht, erschlagen sie russische Geldeintreiber mit Toilettenschüsseln. Hauptsache es macht Spaß!

Bei so viel Enthusiasmus drücken Kirche, Staat und Bürger schon mal ein Auge zu. Schließlich richten die Jungs für einen guten Zweck. Selbst FBI – Super – Agent Smecker (fullminant: Willem Dafoe als top – gestylte Giftspritze im Armani – Outfit) ist dem tödlichen Charme des rotzfrechen Bruderpaars alsbald erlegen und beginnt mit seinem Berufsethos zu hadern. Von nun an sind die emsigen Cleaner auf “heiligem Kreuzzug”.

Fun Fun Fun, viel Geballer und die coolsten Mordbuben seit PULP FICTION, das sind die Ingredienzen, aus denen Troy Duffy sein in Blei gehärtetes, politisch inkorrektes Regiedebüt gegossen hat. Mag sein, daß dem Regisseur und Drehbuchautor sein Erstling so locker von der Hand ging, weil es vom wahren Leben inspiriert ist: Eines Nachts, Duffy kam von seinem Job als Barkeeper und Bouncer nach Hause, wurde die verweste Leiche einer Frau aus dem Apartment des Heroin Dealers gegenüber herausgeschafft. Im Schlepptau der Bahre hing der hysterisch keifende Vermieter, der die Schuhe der Toten nach versteckten Geldbündel filzte. Da platzte dem Rausschmeißer der Kragen. Er hängte seinen Job an den Nagel und kompensierte seinen Großstadt – Hass, in dem er das Script zu THE BOONDOCK SAINTS schrieb. Mit Bravour! Das provokante Schlacht – Opus zeigt eine solche Liebe zum Detail, dass selbst umherspritzende Blutfontänen kunstvoll inszeniert wirken. Haarsträubende Shootouts, abgefahrene Oneliner und ein geiles Eliminator – Duo treiben einem beim Verlassen des Kinosaals ein unweigerlich fettes Grinsen ins Gesicht.


Was sich so gestelzt und gezwungen anhört, ist Duffys Versuch, einen roten Faden zu spannen. Allerdings erinnert “Der Blutige Pfad Gottes” mehr an eine Aneinanderreihung von absurd bis genial reichenden Szenen denn an einen richtigen Film. Neben Flannery wirkt Reedus ein wenig blass, ebenso wie Connolly, dem man so gar nicht die Rolle des Überkillers Duce abkaufen möchte. Brillieren tun lediglich David della Rocco, der für seine Rolle wie geboren scheint, und Willem Dafoe, als ernsthaftester und begabtester Schauspieler auch wenig verwunderlich, überstrahlt alle mit seiner Darstellung als Paul Smecker. Wer ihn gerne zwischen Genie und Wahnsinn balancieren sehen möchte, wird hier fündig – zumal Mister Dafoe hier sogar in Frauenkleidern seinen ganzen FBI – Mann steht.

An die zahlreichen Logik- und Filmfehler möchte man kaum denken, etwa dass ein Charakter wie Smecker niemals das psychologische Gutachten überstanden hätte, welches jeder FBI-Agent zu erdulden hat. Was den Film ausmacht, sind coole Sprüche und unvergessliche Szenen, wie Roccos Witz über den Schwarzen, den Mexikaner und den Weißen oder das Gebet der Brüder bei der Hinrichtung der Oberschurken. Mit der Gewalt wird jongliert wie in den Tarantinofilmen, das muss man Duffy lassen, und auch die Dialoge sind äußerst gelungen. An “Pulp Fiction” reicht “Der Blutige Pfad Gottes” jedoch zu keiner Zeit heran, auch wenn Duffy in bezug auf Kulisse und Soundtrack sein Bestes gegeben hat.

Beim Bonusmaterial sind vor allem die geschnittenen Szenen sehenswert. So lernt man Connors und Murphys Mutter kennen, die beide aus Irland anruft und sich einige böse Späße mit ihnen erlaubt, oder was denn nun wirklich auf das Kinn der Mannsfrau Rosengurtle Baumgaertner eintätowiert ist (“Untouched By Man”). Das Bild der DVD ist scharf, ohne Kriseln und ohne verwaschene Farben.


Troy Duffy schrieb und inszenierte eine zwar manchmal recht blutige Mischung aus Gangsterballade, Thriller und Farce, die nicht nur durch die ungewöhnliche Story, sondern vor allem durch die vielen witzigen Details überzeugt. Dies ist absolut spaßige Unterhaltung: gute Gags, derbe Ballereien – manchmal leider etwas unglaubwürdig – und groteske Situationen sorgen in dieser modernen Variante der “Drei Musketiere” für Kurzweile. Besonders gut: Willem Dafoe als exzentrischer FBI – Mann.

 


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